29. März 2024

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Arbeitgeber und Gewerkschaften fordern Bildungsoffensive

Abgehängte Jugendliche, öde Innenstädte - die Corona-Folgen könnten Deutschland noch Jahre prägen. Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik proben den Schulterschluss, um einige Weichen umzustellen.

Im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie haben Wirtschaft und Gewerkschaften in Deutschland zu einer raschen Bildungsoffensive aufgerufen.

Mittelfristig sehen die Spitzenverbände der Industrie und der Gewerkschaften zudem massive Investitionen als nötig an, um die vor allem in der Pandemie zutage getretene Schwächen der Infrastruktur anzugehen.

«Wir brauchen eine Bildungs- und Ausbildungsoffensive», sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur nach einer Videokonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mehreren Bundesministern und den Spitzenvertretern der Wirtschaft.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte: «In der schulischen Bildung haben wir eine Generation, die faktisch ein Jahr Bildungschancen verloren hat.» Insbesondere Kinder aus bildungsfernen Schichten könnten noch Jahre, bis in ihr Berufsleben, davon gezeichnet sein. Auch er nannte eine «Bildungsoffensive» vordringlich.

Laut Regierungssprecher Steffen Seibert wurden mögliche Verbesserungen der Ausbildungssituation diskutiert. Am kommenden Mittwoch solle dazu ein Treffen des Bundes, der Länder, der Wirtschaftsverbände und der Gewerkschaften in der «Allianz für Aus- und Weiterbildung» stattfinden. Hoffmann sagte: «Die Allianz für Aus- und Weiterbildung muss konkrete Ergebnisse für die jungen Leute in der Krise bringen.»

Längerfristig wollen Politik und Sozialpartner die Weichen für mehr Digitalisierung und eine Veränderung der Innenstädte stellen, wie Seibert mitteilte. Hoffmann sagte: «Wir müssen schon jetzt die Zeit nach der Pandemie in den Blick nehmen.» So drohe das befürchtete Ladensterben die Innenstädte zu veröden. Nach dpa-Informationen war in der internen Runde davon die Rede, dass 25 bis 30 Prozent der Geschäfte in den Städten schließen könnten. Hoffmann sagte: «Ohne bezahlbaren Wohnraum und eine zukunftsweisende Infrastrukturpolitik werden wir keine lebenswerten Innenstädte erhalten können.»

Der DGB-Chef betonte zudem: «Die Krise zeigt jeden Tag wie durch ein Brennglas, was in Schulen und in der öffentlichen Verwaltung im Argen liegt.» Hier sei dringend ein Investitionsschub für die Digitalisierung nötig. «Aber auch der öffentliche Verkehr braucht mehr finanzielle Unterstützung, denn seine Stärkung ist für das Ziel der Dekarbonisierung unabdingbar.»

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sagte: «Langfristig halten wir eine zehnjährige Investitionsoffensive im öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft zur Modernisierung Deutschlands für notwendig.»

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte hingegen «eine ehrliche Debatte über notwendige Reformen in den Sozialsystemen». Diese hätten während der Pandemie viele Krisenfolgen abgefedert. «Aber die Kassen sind leer, und die Sozialsysteme waren bereits vor der Krise durch den demografischen Wandel unter Druck.» Der BDI forderte rasche «zielgerichtete Wachstumsimpulse» – etwa bei Sonderabschreibungen für Investitionen in Digitalisierung, steuerlicher Forschungsförderung, der Verlustverrechnung und der effektiven Belastung der Unternehmen.