28. März 2024

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Chipmangel bremst Volkswagen aus

Die Lieferengpässe bei Chips sorgen bei großen VW-Konzernmarken im dritten Quartal für rote Zahlen. Während das Management weiter auf Kostensenkungen pocht, sorgt sich die Belegschaft um die Auslastung der Werke.

Volkswagen-Chef Herbert Diess will bei dem Autokonzern auch angesichts der Chipkrise weiter Kosten senken. Dabei hält er den Abbau von Arbeitsplätzen für nötig.

«Die Ergebnisse des dritten Quartals zeigen einmal mehr, dass wir die Verbesserung der Produktivität im Volumenbereich jetzt konsequent vorantreiben müssen», sagte Diess am Donnerstag in Wolfsburg. Der Absatz ging in den Monaten Juli bis September stark zurück, der Umsatz leicht.

Diess hat schon länger den US-Unternehmer Elon Musk im Blick, der nahe der Hauptstadt Berlin das neue Tesla-Werk in Grünheide von Grund auf so hochziehen kann, wie es die künftige Autowelt mit ihren Elektroantrieben und vernetzten Diensten erfordert. Diess hingegen muss bei Volkswagen vor einem ganz anderem Hintergrund agieren – Ende September zählte der Konzern weltweit knapp 675 000 Beschäftigte, von denen die meisten noch rund um den klassischen Verbrenner arbeiten. Zum Konzern gehören Massenmarken wie VW Pkw, Seat und Skoda.

Bis 2030 will Diess nun das Stammwerk Wolfsburg fitmachen für den Wettbewerb mit Grünheide, wie er sagte. Das sei die Herausforderung, der Wolfsburg sich gegenübersehe, das Werk müsse produktiver werden. «Sicherlich brauchen wir dazu einen Abbau von Stellen», fügte er an und nannte dabei sowohl Jobs in der Produktion als auch Stellen in der Verwaltung und Entwicklung.

In den vergangenen Wochen wurde unter anderem über einen möglichen Abbau von rund 30.000 Stellen in der Kernmarke VW Pkw spekuliert. Zu konkreten Zahlen wollte sich Diess nicht äußern. «Das ist noch nicht ausgemacht, wir werden in den kommenden Wochen daran arbeiten», sagte der VW-Chef.

Die erst seit Kurzem amtierende Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte bereits jüngst ein zusätzliches Elektroautomodell neben dem 2026 startenden Trinity-Projekt für Wolfsburg und einen früheren Einstieg in die E-Mobilität gefordert. Diese Forderung bekräftigte sie am Donnerstag: «Die Beschäftigten wollen zurecht wissen, wie die Zukunft auch über die Integration des Projekts Trinity hinaus aussehen wird.» Sie verwies auf die Beschäftigungssicherung bis 2029 und laufende Programme zur Reduktion von Stellen. «Darüber hinaus gibt es keinerlei Absprachen für weiteren Personalabbau am Standort Wolfsburg», stellte sie klar.

Wegen weiteren Gesprächsbedarfs wird nun auch die im November traditionell anstehende sogenannte Planungsrunde um rund einen Monat verschoben – in dieser geht es regelmäßig um die milliardenschweren Investitionszusagen für die kommenden fünf Jahre. In den letzten Tagen hatte sich bereits angedeutet, dass es noch Abstimmungsbedarf zwischen Management und Arbeitnehmern gibt. Auf deutliche und öffentliche Kritik von Cavallo an Diess und seinem geplanten Fernbleiben einer Anfang November angesetzten Betriebsversammlung folgte prompt seine Zusage. Er sei sich mit Cavallo einig, dass er bei der Veranstaltung dabei sein sollte – und wolle dann auch gleich seine Sichtweise auf die aktuelle Lage erläutern, sagte er in einer Pressekonferenz.

Und die Lage könnte durchaus besser sein. Im dritten Quartal lieferte der VW-Konzern weltweit rund ein Viertel weniger Fahrzeuge an die Kunden aus als vor einem Jahr. Vor allem die Lieferengpässe bei elektronischen Halbleitern stoppten mehrmals die Produktion in den Werken. In Deutschland mussten viele Beschäftigte in die Kurzarbeit, auch Wolfsburg ist schlecht ausgelastet.

Die Auslieferungen im Gesamtjahr dürften nun nicht mehr spürbar über denen des von der Corona-Krise hart getroffenen Vorjahres liegen, korrigierte das Unternehmen seine Erwartungen nach unten. Und der Umsatz wird wohl nicht mehr um über 10 Prozent steigen, sondern voraussichtlich nur bis zu 10 Prozent über den schwachen knapp 223 Milliarden Euro aus dem Vorjahr liegen.

Da half es auch kaum, dass Finanzchef Arno Antlitz die Renditeaussichten für das operative Ergebnis bei 6 bis 7,5 Prozent des Umsatzes – und sogar im oberen Bereich der Spanne – bestätigte. Bei weniger Umsatz bleibt dann eben doch auch weniger Gewinn übrig, erwarten Börsianer.

Angesichts des Einbruchs bei den Verkäufen stand VW im Konzern bei den Finanzzahlen noch ordentlich da. Der Umsatz ging um vier Prozent auf 56,9 Milliarden Euro zurück, das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern um zwölf Prozent auf 2,8 Milliarden. Und unter dem Strich machte VW sogar mehr Gewinn, weil der Konzern deutlich weniger Steuern verbuchte und auch Finanz- und Beteiligungsergebnis besser ausfielen. So stieg der auf die Aktionäre entfallende Gewinn um rund sieben Prozent auf 2,8 Milliarden Euro.

Dass es nicht schlimmer aussah, lag vor allem an den Finanzdienstleistungen. Der Konzernbereich für Autofinanzierungen und Leasing verbuchte im Quartal allein ein Rekordergebnis von 1,5 Milliarden Euro. Das Geschäft profitiert insbesondere von den derzeit hohen Preisen für Gebrauchtwagen, weil Leasingrückläufer teuer verkauft werden können.

Von Marco Engemann, dpa-AFX