20. April 2024

Börsenprofi

Die Börsen im Überblick

EU-Länder lassen sich Zeit mit Anträgen auf Corona-Hilfen

Milliardenhilfen aus Brüssel sollen der europäischen Wirtschaft nach der Pandemie wieder auf die Beine helfen. Aber dafür müssen die EU-Staaten aufschlüsseln, wie sie das Geld ausgeben wollen.

Die meisten EU-Staaten haben sich zum Fristende am Freitag mit ihren Anträgen auf europäische Corona-Hilfen Zeit gelassen.

Bis zum Abend hatten 9 der 27 Länder die geforderten nationalen Aufbaupläne bei der EU-Kommission in Brüssel eingereicht: Zunächst waren das Deutschland, Frankreich, Portugal, Griechenland und die Slowakei. Im Laufe des Freitag folgten Dänemark, Spanien, Lettland und Luxemburg, wie die EU-Kommission mitteilte. Die Frist bis 30. April sei nur ein «Orientierungsdatum», sagte eine Kommissionssprecherin auf Anfrage.

Die EU-Staaten hatten im Sommer 2020 ein 750 Milliarden schweres Programm namens Next Generation EU vereinbart, um die tiefe Corona-Wirtschaftskrise zu überwinden und wichtige Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. In den nationalen Aufbauplänen müssen die Staaten im Detail darlegen, wofür sie ihren Anteil des Gelds aus dem Aufbaufonds RRF verwenden wollen. Manche Regierungen verhandeln schon seit Wochen mit der Kommission über Einzelheiten, um alle Vorgaben zu erfüllen.

DAS MEISTE GELD SOLLEN ITALIEN UND SPANIEN BEKOMMEN, weil sie 2020 am schwersten von der Corona-Wirtschaftskrise getroffen wurden. Italien gibt seinen Anteil an dem EU-Programm mit 191,5 Milliarden Euro an, Spanien mit bis zu 140 Milliarden. Der EU-Kommission zufolge beantragte Spanien nun zunächst 69,5 Milliarden Euro, Frankreich beantragte 40,9 Milliarden Euro. Bei Griechenland sind es 30,5 Milliarden, bei Deutschland 25,6 Milliarden, und bei der Slowakei 6,6 Milliarden Euro.

DIE ZAHLEN SIND ABER SCHWER VERGLEICHBAR und zum Teil geschätzt, denn es gilt die Formel: 70 Prozent des Anteils errechnet sich aus dem prognostizierten Einbruch des Bruttoinlandsprodukts 2020, 30 Prozent nach der tatsächlichen Entwicklung bis Mitte 2022. Bei Ländern wie Deutschland und Frankreich geht es ausschließlich um nicht rückzahlbare Zuschüsse. Italien, Spanien und andere Länder rechnen indes mit Zuschüssen und Krediten.

Von der Gesamtsumme von 750 Milliarden Euro werden 672,5 Milliarden über den Fonds ausgeschüttet, der Rest über andere EU-Programme. Teils rechnen die Regierungen alles zusammen. Die ursprünglich genannten Summen entsprechen Preisen von 2018. Nach Anpassung an die Inflation wächst das Gesamtvolumen in laufenden Preisen auf gut 800 Milliarden Euro.

DEUTSCHLAND INVESTIERT IN KLIMA UND DIGITALES und entspricht damit wohl den in der EU vereinbarten Vorgaben. Demnach sollen mindestens 37 Prozent der Mittel in Klimaschutz fließen und 20 Prozent in Digitalisierung. Der deutsche Aufbauplan veranschlagt für beide Themen zusammen 90 Prozent der 25,6 Milliarden Euro, unter anderem für Wasserstoff-Forschung, klimafreundliche Mobilität und ein stärker digital orientiertes Bildungssystem. Kritisiert wird am deutschen Plan, dass er kaum neue Projekte umfasse.

DAS AUFBAUPROGRAMM WIRD ÜBER SCHULDEN FINANZIERT, die gemeinsam bis zum Jahr 2058 aus dem EU-Haushalt getilgt werden sollen. Doch bevor die EU-Kommission Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen darf, müssen alle 27 Staaten die Rechtsgrundlage ratifizieren. Deutschland hat dies getan. Bei acht Ländern steht es noch aus. Zweite Hürde: Die eingereichten Aufbaupläne aufwendig müssen geprüft und letztlich vom Rat der EU-Staaten gebilligt werden. Das erste Geld fließt frühestens im Juli.