16. April 2024

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EU macht steigende Energiepreise zur Chefsache

Die Gaspreise gehen seit Monaten steil nach oben. Deshalb werden Rufe nach einer Reaktion der EU lauter. Deutschlands größter Gasimporteur Uniper sieht aber kaum Chancen für eine schnelle Trendwende.

Die Preisexplosion auf den Energiemärkten in Europa ruft die Politik auf den Plan. Frankreich kündigte eine Deckelung der Tarife für Gas und Strom über die Wintermonate hinweg an.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten wollen das Thema bei einem Gipfel am 21. und 22. Oktober besprechen. Ratspräsident Charles Michel habe den Punkt angesichts des dramatischen Preisanstiegs auf die Agenda gesetzt, hatte ein Sprecher des Europäischen Rates am Donnerstagabend mitgeteilt. Mitgliedstaaten wie Spanien fordern ein gemeinsames Vorgehen auf EU-Ebene, um den Anstieg zu dämpfen.

Der Preis für Erdgas war in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. Die Gaspreise hätten «historische Höchststände» erreicht, sagte der Chef von Deutschlands größtem Gasimporteur Uniper, Klaus-Dieter Maubach, vor Journalisten in Düsseldorf. Im Großhandel koste eine Megawattstunde Gas zur Lieferung im ersten Quartal kommenden Jahres inzwischen über 90 Euro, vor einem Jahr habe der Preis noch weniger als 10 Euro betragen. Ähnlich sei die Entwicklung beim Strom.

Es sei damit zur rechnen, dass die Energiepreise wegen der großen Nachfrage auf den Weltmärkten länger auf dem hohen Niveau blieben. «Die Gaspreise, die wir derzeit haben, sind ein Ergebnis einer gewissen Sorge, dass es im Winter knapp werden könnte», sagte Maubach mit Blick auf die unterdurchschnittlich gefüllten Gasspeicher in Deutschland und Europa.

Uniper: Gazprom hält alle Verträge ein

Der Uniper-Chef nahm den russischen Energiekonzern Gazprom gegen Vorwürfe in Schutz, er habe mit einer Verknappung seiner Lieferungen den Preisanstieg verursacht. «Die Russen liefern wie in den letzten 50 Jahren zuverlässig.» Alle Verträge würden eingehalten. Allerdings liefere Gazprom wohl nicht über die vereinbarten Mengen hinaus. Uniper ist der größte Gazprom-Kunde und Mitfinanzier der Gaspipeline Nord Stream 2. Maubach rechnet nicht damit, dass die ausstehenden Genehmigungen für die Ostseeleitung so schnell kommen, dass sie noch in diesem Winter helfen könnte, die Situation zu entspannen.

Im ersten Halbjahr 2021 sind die Privathaushalte in Deutschland bei den Energiekosten nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes noch vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Für Strom und Gas mussten sie jeweils 4,7 Prozent mehr zahlen als in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres. Der Durchschnittspreis für Strom stieg um 1,46 Cent auf 32,62 Cent je Kilowattstunde, Gas verteuerte sich um 0,29 Cent auf 6,41 Cent je Kilowattstunde, teilte die Wiesbadener Behörde am Freitag mit.

Rolle der Mehrwertsteuer

Hauptgrund für den Anstieg ist nach Angaben der Statistiker die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf den ursprünglichen Satz von 19 Prozent zu Jahresbeginn. Um den Konsum in der Corona-Krise anzukurbeln, hatte der Bund die Mehrwertsteuer befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 auf 16 Prozent gesenkt. Beim Erdgas habe der zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Preis die Kosten zusätzlich nach oben getrieben. Auch im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 stiegen die ermittelten Durchschnittspreise.

Inzwischen hat sich der Preisauftrieb in Deutschland nach Angaben von Marktbeobachtern beschleunigt. Bis zum Beginn der Heizsaison hätten 58 Gasgrundversorger bereits ihre Preise erhöht oder Preiserhöhungen angekündigt, berichtete das Vergleichsportal Check24. Im Durchschnitt betrügen die Preiserhöhungen 11,5 Prozent und beträfen gut 330.000 Haushalte. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeute das zusätzliche Kosten von durchschnittlich 172 Euro pro Jahr. In diesem Winter sei mit einer Welle von Gaspreiserhöhungen zu rechnen.

In Frankreich soll der Gaspreis den Winter über bis zum April nicht die nach einer Erhöhung ab Anfang Oktober geltenden Tarife übersteigen. Bis zum Jahresende werde auch der Strompreis nicht erhöht, ab Anfang 2022 dann höchstens um vier Prozent, hatte Premierminister Jean Castex am Donnerstagabend angekündigt.