29. März 2024

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Habeck sagt Änderung der Gasumlage zu

Die geplante Gasumlage sorgte für viel Kritik. Wirtschaftsminister Habeck will sie nun korrigieren. Die FDP will bereits an diesem Dienstag Lösungen sehen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eine Änderung der geplanten Gasumlage zugesagt. Mit der Korrektur soll verhindert werden, dass von dieser Abgabe der Privathaushalte und Industrie auch Unternehmen profitieren, die dies wirtschaftlich nicht benötigen. «Deswegen muss man jetzt hart an dem Problem arbeiten. Und das tun wir auch», sagte der Grünen-Politiker am Sonntagabend im ZDF-«heute journal». «Wir werden dieses Problem lösen.» Die FDP fordert Korrekturen bis zur Regierungsklausur an diesem Dienstag.

Die Umlage soll die wegen knapper russischer Gaslieferungen stark gestiegenen Kosten von Großimporteuren ausgleichen, um diese vor einer Pleite und das Energiesystem vor dem Kollaps zu bewahren. Alle Gaskunden sollen ab Oktober zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Kritisiert wird, dass auch Firmen profitieren könnten, denen es wirtschaftlich gut geht. Deshalb prüft die Bundesregierung nun Korrekturen. Dies gilt allerdings als juristisch kompliziert.

Die Herausforderung besteht nach Angaben Habecks darin, die Versorgung der Bevölkerung und der Unternehmen mit Gas zu gewährleisten, «und eben die stand in Gefahr». Direkte Staatshilfen an angeschlagene Unternehmen seien keine Lösung. «Eine dauerhafte Finanzierung durch den Staat ist eben noch kein Geschäftsmodell, und deswegen mussten wir diese Umlage wählen», sagte er. «Wir müssen sehen, dass diese Unternehmen, die eigentlich keinen Zugang zu dieser Umlage brauchen, ihn auch nicht bekommen.» SPD-Chef Lars Klingbeil hatte Habeck handwerkliche Fehler vorgeworfen und statt «schöner Worte» eine Politik mit Substanz gefordert.

Er sprach am Montag im ARD-Morgenmagazin von Fehlentwicklungen. Die Gasumlage sei begründet worden, um Insolvenzen in der Energieversorgung abzuwenden, und das sei auch richtig gewesen. «Jetzt sehen wir aber, dass Unternehmen diese Gasumlage beantragen, die Milliardengewinne machen». Das sei «unanständige Trittbrettfahrerei», kritisierte Klingbeil.

Wüst begrüßt angekündigte Änderungen

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst hat die Grundidee einer Gasumlage als «richtig» bezeichnet. «Die Stabilisierung über eine Umlage ist im Grunde nicht falsch», sagte der CDU-Politiker am Montag nach einem Besuch des Gasmarkt-Regulierers Trading Hub Europe in Ratingen. «Aber so, wie die Umlage jetzt ist, kann sie nicht bleiben. Da gibt es auch keinen Dissens in der Union.»

Dass nicht alle Unternehmen, die Ansprüche angemeldet hätten, unbedingt Bedarf hätten, sei inzwischen bekannt. Viele Menschen fühlten sich da auch «ein Stück weit» in die Irre geführt. «Wir müssen jetzt aufpassen, dass all das, was getan wird, die notwendige Akzeptanz hat und deshalb ist es gut und richtig, – ich begrüße das ausdrücklich – dass Bundesminister Habeck angekündigt hat, da auch nochmal nachzuarbeiten und nachzubessern.»

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sprach bei dem gemeinsamen Termin von einem «Konstruktionsfehler». Das Bundeswirtschaftsministerium arbeite daran, schnellstmöglich eine Lösung herbeizuführen. «In welche Richtung die Korrektur im Detail geht, kann ich nicht sagen.» Sie verteidigte die Grundidee: «Die Gasumlage ist in den Möglichkeiten, in denen eine Ampelkoalition das zulässt – also bei ausgeglichenem Haushalt 2023 und ohne Steuererhöhungen – das, was möglich ist, die Lasten zu verteilen.»

FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte, handwerkliche Fehler sollten bis zur Kabinettsklausur beseitigt werden. «Wir müssen aufpassen, dass staatliche Eingriffe die Energiekrise nicht verschlimmbessern», sagte er «Bild» (Montag). Die Gasumlage dürfe keinesfalls zu Extrarenditen bei Unternehmen führen. Der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner sagte dem Blatt: «Die Klausur in Meseberg ist der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt, um die Gasumlage neu zu verhandeln.»

Füllstand der Erdgasspeicher fast bei 85 Prozent

Weiter leichte Entspannung zeichnet sich bei der Vorsorge für den Herbst und Winter ab: Der Füllstand der deutschen Erdgasspeicher nähert sich trotz erheblich gedrosselter Liefermengen aus Russland der 85-Prozent-Marke. Wie am Montag aus Daten der europäischen Gasspeicher-Betreiber hervorging, war für vergangenen Samstag ein Füllstand von 82,74 Prozent erwartet worden. «Die Speicher füllen sich schneller als vorgegeben», hatte Habeck dem «Spiegel» gesagt.

Er geht davon aus, dass die Zielmarken deutlich früher erreicht werden. Das Oktober-Speicherziel von 85 Prozent dürfte aus Sicht des Ministeriums schon Anfang September erreicht werden. Das führe dazu, «dass wir nicht mehr für jeden Preis einkaufen werden. Dadurch werden sich die Märkte beruhigen und runtergehen», sagte Habeck am Montag beim energiepolitischen Spitzendialog des Norddeutschen Reallabors in Hamburg.

Bundesnetzagentur: Erdgaslieferungen bald auch aus Frankreich

Bei der Beschaffung von Erdgas kann Deutschland laut Angaben der Bundesnetzagentur bald auch auf Frankreich setzen. Die Agentur geht davon aus, dass bereits im Oktober Erdgas über Frankreich nach Deutschland fließen wird. Man sei «in neuen intensiven Gesprächen mit Frankreich», sagte Behördenpräsident Klaus Müller am Montag in Ratingen. Frankreich verfüge über signifikante LNG-Terminal-Kapazitäten, «so wie Belgien und Holland auch an der Stelle». Zum genauen Umfang könne er noch nichts sagen. «Da laufen momentan noch die Gespräche.»

Müller sprach im Zusammenhang mit den geplanten Lieferungen aus Frankreich von «technischen Herausforderungen». Es gebe ein sogenanntes Odorierungsproblem. «Frankreich versetzt sein Gas auf einer anderen Ebene mit Geruchsstoffen aus Sicherheitsgründen.» Das tue Deutschland erst auf der lokalen Ebene. In vielen Gesprächen mit der Industrie habe man versucht abzuschätzen, ob ein Risiko bestehe. Die Bundesnetzagentur halte dieses Risiko jedoch für vertretbar. «Insofern wird Frankreich im Oktober einen Beitrag dazu leisten, dass wir auch Gas aus Frankreich beziehen können.»

Eine Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. Oktober zu mindestens 85 Prozent gefüllt sein müssen. Am 1. November sollen es mindestens 95 Prozent sein. Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden damit eine Art Puffersystem für den Gasmarkt. Der Füllstand wird immer erst mit Verzögerung gemeldet.