18. April 2024

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Herbstbelebung: Zahl der Arbeitslosen sinkt

Arbeitnehmer müssen sich wenig Sorgen machen, aber für Arbeitslose wird es schwerer: Mit dieser Botschaft stellte Agenturchefin Andrea Nahles die angesichts der Wirtschaftskrise ziemlich guten Arbeitsmarktzahlen vor.

Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich trotz der wirtschaftlichen Talfahrt weiterhin sehr robust. Die Zahl der Arbeitslosen sank im September gegenüber dem Vormonat um 62 000 auf 2,49 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Freitag mitteilte. Stichtag der Erhebung war der 12. September.

Die Herbstbelebung fiel damit zwar etwas schwächer aus als üblich, weil die Unternehmen bei Neueinstellungen vorsichtiger geworden sind. Aber im Unterschied zu früheren Krisen versuchten sie, ihre Arbeits- und Fachkräfte zu halten, sagte die BA-Vorsitzende Andrea Nahles in Nürnberg.

Für Arbeitslose wird es schwierig einen Job zu finden

Das ist eine gute Nachricht für Beschäftigte, aber eine schlechte für Arbeitslose. «Das Risiko, aus Beschäftigung arbeitslos zu werden, ist im langjährigen Vergleich sehr niedrig», sagte Nahles. «Es wird aber für Menschen, die arbeitslos sind, eher wieder schwieriger, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.» Angesichts der sich abzeichnenden Rezession jedoch «ist das alles immer noch sehr gut».

Die Arbeitslosenquote verbesserte sich im September um 0,2 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent. Saisonbereinigt und im Vergleich zum Vorjahr nahm die Arbeitslosigkeit allerdings zu. «Die Anstiege hängen auch mit der Erfassung der arbeitslosen ukrainischen Geflüchteten zusammen. Ohne Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit wäre die Entwicklung deutlich besser ausgefallen», teilte die BA mit. Inzwischen seien aber 60 000 Ukrainer in Arbeit oder geringfügig beschäftigt und 72 000 in Integrationskursen, betonte Nahles. Die Entwicklung habe sich in den letzten Wochen stark beruhigt.

Eher Sorgen macht ihr, dass die bislang hohe Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt. Im September waren noch 873 000 offene Stellen bei der BA gemeldet. Das Arbeitsmarktbarometer des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sank auf den niedrigsten Stand seit 2020, und «auch unsere eigenen Agenturen schätzen die Lage pessimistischer ein», sagte Nahles. «Bei Einstellungen scheinen die Betriebe vorsichtiger zu werden.»

Zugleich seien die Anfragen zu Kurzarbeit gestiegen, vor allem aus der Industrie, ebenso wie die Anmeldungen. Das geschehe aber «auf niedrigem Niveau und ist kein alarmistisches Zeichen», betonte Nahles.

Rezession birgt Risiken für den Arbeitsmarkt

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten im Winterhalbjahr einen deutlichen Rückgang der Wirtschaftsleistung, verursacht von Gaskrise, Inflation und Kaufkraftverlust. Sie rechnen in ihrer am Donnerstag vorgelegten Gemeinschaftsprognose damit, dass «die nachlassende Arbeitsnachfrage im Zuge der Rezession im vierten Quartal und insbesondere im Verlauf des kommenden Jahres zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen» wird. Auch die kräftige Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober werde zu Beschäftigungsverlusten führen. Die Kurzarbeit dürfte dagegen weniger genutzt werden als in der Corona-Krise, weil die BA den Arbeitgebern die Sozialversicherungsbeiträge jetzt nicht mehr voll erstattet.

Bei Mindestlohn widersprach Nahles den Wirtschaftsforschern. Der Arbeitsmarkt dürfte die von der Ampelkoalition gesetzlich vorgeschriebene Erhöhung gut verkraften, sagte die ehemalige SPD-Vorsitzende. Es seien keine Beschäftigungsverluste zu erwarten.

Durch den Konjunktureinbruch dürfte der Arbeitsmarkt zwar unter Druck geraten, es gebe einige Anzeichen für eine steigende Arbeitslosigkeit in den nächsten Monaten. Aber wegen des Arbeits- und Fachkräftemangels habe sich der Arbeitsmarkt ein Stück weit von der Konjunktur abgekopppelt und dürfte recht stabil bleiben. Die Forschungsinstitute erwarten im nächsten Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenquote von 5,3 auf 5,5 Prozent, im Jahr darauf aber mit einer wirtschaftlichen Erholung wieder einen Rückgang auf 5,3 Prozent.

Von Roland Losch, dpa