24. April 2024

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Laschet attackiert SPD – «Wirtschaftsweiser» muss abtreten

Die «Wirtschaftsweisen» wollen im März eine neue Prognose zur Konjunkturentwicklung vorstellen - ein Mitglied des Sachverständigenrates fehlt dann aber. Das löst im Wahljahr Spannungen aus.

Der Abgang des Vorsitzenden der «Wirtschaftsweisen», Lars Feld, mitten in der Corona-Krise hat einen heftigen Streit in der schwarz-roten Koalition ausgelöst.

CDU-Chef Armin Laschet attackierte die SPD, weil diese eine weitere Amtszeit von Feld verhinderte. Laschet schrieb am Dienstag auf Twitter, Feld sei einer der renommiertesten Wissenschaftler der Sozialen Marktwirtschaft. Mit Blick auf Olaf Scholz kritisierte Laschet, der SPD-Finanzminister verhindere mit «Arroganz» und «Ignoranz» mitten in der Pandemie, dass Feld im Sachverständigenrat weiterarbeiten könne. «Gerade jetzt in der Krise wäre Sachverstand wichtiger denn je.» Aus der SPD wurden die Vorwürfe zurückgewiesen.

Der Tweet Laschets wurde von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) retweetet. Friedrich Merz, der Laschet im Kampf um den CDU-Vorsitz unterlegen war, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Es ist mehr als bedauerlich, dass sich die Bundesregierung in der größten Krise der Nachkriegsgeschichte nicht dazu durchringen konnte, ihren wichtigsten Wirtschaftsberater an Bord zu halten.»

Scholz sagte auf eine Frage zu der Personalie, Bundesregierung und Sachverständigenrat seien in der Vergangenheit vom Prinzip ausgegangen, dass nach ungefähr zehn Jahren ein Amtswechsel stattfinden solle. Über die Nachfolge habe die Bundesregierung sich noch nicht verständigt.

Die SPD hatte eine weitere Amtszeit von Feld verhindert. Damit scheidet dieser Ende Februar aus dem Sachverständigenrat aus. Die Union wollte an dem Freiburger Ökonomen festhalten. Feld ist seit März 2020 Vorsitzender des Sachverständigenrates, dem er seit März 2011 angehört. Die SPD wollte dem Vernehmen nach den Düsseldorfer Volkswirtschaftler Jens Südekum oder den Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, als Nachfolger Felds durchsetzen. Diese seien näher an Positionen der SPD, hieß es. Darüber aber gab es keinen Konsens in der Koalition, so dass es zunächst keinen Nachfolger für Feld gibt.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte in Berlin: «Wenn die Union sich sehr stark auf Personal konzentriert, wird das glaube ich den Herausforderungen, die wir zurzeit haben, nicht gerecht.»

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus betonte, Feld sei Ordnungspolitiker und stehe gegen Staatsverschuldung. «Die Ablehnung von Lars Feld ist auch ein finanzpolitisches Bekenntnis von Olaf Scholz. Nämlich ein finanzpolitisches Bekenntnis gegen solide Staatsfinanzen. Das muss man sehen. Und insofern hat das auch eine enorme politische Bedeutung», sagte Brinkhaus. Man müsse nun sehen, ob die große Koalition in dieser Legislaturperiode noch eine Einigung für den Posten hinbekomme. Laut CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt belastet der Vorgang das Koalitionsklima aber nicht.

SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte der Deutschen Presse-Agentur: «In einer Zeit mit neuen Herausforderungen halte ich neue Köpfe auch im Sachverständigenrat für ein gutes Signal. Wir brauchen Sachverständige, die Impulse setzen, wie wir mit starken Investitionen und kluger Politik aus der Krise herauswachsen können.» Die SPD habe gute Vorschläge, wer Feld ablösen könne. «Statt andere Wissenschaftler kategorisch auszuschließen und ihren Sachverstand in Zweifel zu ziehen, sollte Herr Laschet lieber seine Personal-Polterei wieder einstellen und an einer konstruktiven Lösung mitarbeiten.»

Die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe sagte der dpa, eine Neubesetzung nach 10 Jahren sei ein völlig normaler Vorgang. «Es ist kein üblicher Vorgang, dass die CDU das als Besitzstand wahrnimmt.» Statt «Beißreflexe» zu bekommen, sollten Laschet und die CDU lieber bei der Suche nach geeigneten Kandidaten mitmachen. Feld verkörpere einen «ideologischen Neoliberalismus».

Feld gilt als ausgewiesener Ordnungspolitiker, also orientiert an den Prinzipien von Markt und Wettbewerb und gegen einen großen Einfluss des Staates.

Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Hans
Michelbach, sagte, Scholz und seine Partei suchten nicht Ratgeber, sondern »Claqueure» für ihre Politik der Rückkehr in den Steuererhöhungs- und Schuldenstaat: «Da ist Herr Feld im Wege und muss deshalb abgeräumt werden.»

Scharfe Kritik kam auch von der FDP. Fraktionsvize Christian Dürr sagte der dpa, dass die SPD mitten in der Krise Deutschlands wichtigsten Sachverständigen für Wirtschaftsfragen entlassen wolle, sei schwer zu begreifen. «Wenn die Union zulässt, dass Lars Feld die Wirtschaftsweisen verlässt, hängt sie ihre marktwirtschaftlichen Prinzipien endgültig an den Nagel.»

Der fünfköpfige Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berät die Politik. Die Experten werden umgangssprachlich auch als die «Wirtschaftsweisen» bezeichnet.