28. März 2024

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Neue Merck-Chefin: Haben Lieferungen an Biontech aufgestockt

Merck-Chefin Garijo drückt bei der Lieferung von Lipiden an den Mainzer Impfstoffhersteller aufs Tempo. Zudem wird der Dax-Konzern selbst bald mit Betriebsärzten impfen, wie die Managerin ankündigte.

Der Pharma- und Chemiekonzern Merck hat seine Produktion von Lipiden für den Mainzer Corona-Impfstoffhersteller Biontech ausgedehnt.

«Wir haben bereits im zweiten Quartal Aufträge vorgezogen und werden in der zweiten Jahreshälfte unsere Lieferungen weiter ausbauen, um den hohen Bedarf an dringend benötigten Lipiden für Biontech und unsere anderen Kunden zu decken», sagte die neue Merck-Chefin Bélen Garijo der Deutschen Presse-Agentur.

«Wir haben das Haus dafür auf den Kopf gestellt», sagte die Spanierin (60), die ab 1. Mai an der Spitze des Darmstädter Unternehmens steht und damit die erste alleinige Chefin eines Dax-Konzerns wird. Merck habe seine Lipide-Produktion am Stammsitz Darmstadt und in Schaffhausen (Schweiz) erheblich ausgebaut. Teams aus Experten beider Unternehmen stünden in ständigem Kontakt. Merck und Biontech hatten die vertiefte Partnerschaft im Februar bekannt gegeben.

Lipide kommen bei der Herstellung des Corona-Impfstoffs zum Einsatz, den Biontech mit seinem US-Partner Pfizer vertreibt. Dabei wird der Botenstoff des mRNA-Vakzins in eine Art Hülle verpackt, die aus Lipiden besteht. Diese fettartigen Moleküle sind wichtig, damit die Wirkstoffe des Vakzins im Körper freigesetzt werden können. Zu den wenigen anderen Firmen, die ebenfalls Lipide an Biontech liefern, zählt der Spezialchemiekonzern Evonik.

Merck will unterdessen auch schon bald die eigene Belegschaft impfen, sobald genügend Impfstoff verfügbar ist. Am 3. Mai werde ein Pilotprojekt der hessischen Landesregierung am Standort Darmstadt starten, sagte Garijo. «Wir sind bereit, basierend auf unserer Erfahrung aus der Verabreichung der jährlichen Grippeimpfung an Tausende unserer Mitarbeiter.» Merck beschäftigt gut 58.000 Menschen weltweit, davon rund 12.000 im Raum Darmstadt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte angekündigt, Betriebsärzte ab Juni in die Impfkampagne einzubinden. Aus der Wirtschaft kamen aber immer wieder Stimmen, diesen Schritt vorzuziehen. Betriebsärzte impfen in Pilotprojekten etwa beim Chemieriesen BASF und bei VW.

Corona wird die Welt nach Einschätzung von Garijo noch lange beschäftigen. «Wir müssen lernen, mit der Pandemie umzugehen», sagte die Managerin. «Das Virus zeigt die Verwundbarkeit unserer Welt.» Deutschland sei aber mit der höchsten Zahl an Intensivbetten in Europa gut vorbereitet. Sie sei optimistisch, dass die Pandemie mit fortlaufenden Impfungen eingedämmt werden kann. «Wer hätte gedacht, dass wir schon nach einem Jahr einen Impfstoff haben?»

Nötig sei es nun, den Impfstoff gegen neue Varianten weiterzuentwickeln und womöglich Impfungen jährlich aufzufrischen. Zugleich appellierte Garijo an Skeptiker, sich impfen zu lassen. «Manche mögen persönliche Bedenken haben, aber das Impfen und die Herdenimmunität sind der Schlüssel für die ganze Bevölkerung.»

Medizinerin Garijo, die bis zuletzt die Pharmasparte bei Merck leitete, löst Stefan Oschmann ab, der zehn Jahre in der Geschäftsleitung war. Derweil kaufte der Konzern für Milliarden den Laborausrüster Sigma-Aldrich und den US-Halbleiterzulieferer Versum. Nun profitiert der Konzern von der Forschung an Corona-Impfstoffen und dem großen Bedarf an Mikrochips in der Digitalisierung.

Die Darmstädter beliefern mehr als 50 Corona-Impfstoffentwickler weltweit etwa mit Einwegbeuteln, Membranen und Filtern für die Vakzin-Produktion. Die hohe Nachfrage beflügelte den Konzern, der vergangenes Jahr einen Umsatz von 17,5 Milliarden Euro erzielte.

In ihrer Zeit an der Spitze werde Merck ein «sehr aktives Portfoliomanagement» betreiben, kündigte Garijo an. «Wir schließen große, transformative Zukäufe ab 2022 nicht aus, werden uns aber wahrscheinlicher auf kleinere bis mittelgroße ergänzende Akquisitionen von innovativen Technologien konzentrieren.» Seit 2007 hat das Unternehmen, das zu gut 70 Prozent in Besitz der Merck-Familie liegt, fast 50 Milliarden Euro bei Käufen und Verkäufen von Geschäften bewegt und den Börsenwert stark gesteigert.