29. März 2024

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Sprunghafter Anstieg bei Neukrediten für Studierende

Studierende haben sich im Corona-Jahr 2020 häufiger Kredite besorgt, um sich das Studium zu finanzieren. Die Bedingungen sind aktuell günstig - aber es gibt auch Mahner.

Die Corona-Nothilfen der Bundesregierung haben für einen sprunghaften Anstieg bei den Studienkrediten gesorgt. Das geht aus dem Studienkredit-Test 2021 des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh hervor.

Die Zahl der Neukredite kletterte 2020 um mehr als 60 Prozent auf 53.000. Insgesamt beziehen derzeit 90.000 Studierende in Deutschland Gelder aus einem Studienkredit oder Bildungsfonds. Das entspricht einem Anteil von drei Prozent. Laut den Autoren erreicht die Zahl der Neukredite damit wieder das Niveau aus dem Jahr 2015. Zwischen 2014 und 2019 hatte sich die Zahl demnach halbiert.

Haupttreiber sind laut Studie die staatlichen KfW-Studienkredite. Der Marktführer verbuchte mehr als drei Viertel aller neuen Verträge für sich. Im Vorjahr 2019 gab es allein bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau 18.000 Abschlüsse, 2020 waren es rund 40.000. Die KfW ist eine staatliche Förderbank.

Kredit-Angebot auch für ausländische Studierende

Als Gründe nennt die Studie geänderte Vertragsmodalitäten. So konnte der KfW-Studienkredit bis Ende 2021 zinsfrei genutzt werden. Außerdem konnten wegen Corona erstmals Studierende aus dem Ausland befristet den Kredit in Anspruch nehmen. Dies nutzten 16.000 Studentinnen und Studenten ohne deutschen Pass. Das ist ein Anteil von 30 Prozent bei den Neu-Verträgen.

Die CHE-Autoren sehen das kritisch. «Der KfW-Studienkredit sollte bei der Corona-Nothilfe als staatliche Alternative für alle fungieren, die weder BAföG-berechtigt sind noch von der – ziemlich bürokratischen – Überbrückungshilfe erfasst werden. Jetzt muss man konstatieren: Der KfW-Studienkredit hat sich als Scheinriese entpuppt», bilanziert CHE-Experte Ulrich Müller. Der Leiter der politischen Analysen beim CHE spricht von Einmaleffekten.

Insgesamt stuft der Test die gängigen Angebote als durchgehend «seriös und gut gestaltet ein». Bewertet wurden die Kategorien Zugang, Kapazität, Kosten, Risikobegrenzung und Flexibilität. Viele der 51 untersuchten Studienkredite, Studiendarlehen und Bildungsfonds erreichten Topergebnisse in mehreren Bereichen.

Nach Auskunft der Kredit-Anbieter werden derzeit von Banken und Bildungsfonds monatlich rund 48 Millionen Euro an Studierende ausgeschüttet. Das sind im Schnitt 528 Euro pro Person.

«Damoklesschwert über der beruflichen Zukunft»

«Der KfW-Studienkredit ist keine Unterstützung, sondern ein Damoklesschwert über der beruflichen Zukunft der Studierenden», meint die hochschulpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag zum Studienkredit-Test. Nicole Gohlke spricht von einer Verschuldungsfalle.

«Dass Studierende in der Coronakrise zurück zu den Eltern flüchten müssen oder händeringend stabile Nebenjobs suchen, offenbart die Dringlichkeit einer BAföG-Öffnung», sagt Gohlke. In dieser historischen Krise hätte man das Bafög grundlegend reformieren müsse, so die Bundestagsabgeordnete der Linken.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schloss sich der Kritik an. «Studienfinanzierung über Kredit – das ist das Gegenteil von Chancengleichheit. Der sprunghafte Anstieg bei den Kreditverträgen ist beschämend», sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Die Bundesregierung müsse endlich nachhaltig das BAföG verbessern. «Wir brauchen höhere Freibeträge, bessere Mietzuschüsse und einen fortlaufenden Inflationsausgleich, um wieder deutlich mehr Jugendliche zu fördern», sagte Hannack laut Mitteilung. Zwar seien die KfW-Kredite bis Ende 2021 zinsfrei gestellt, aber dann hoch verzinst. Das sei keine Nothilfe, sondern eine Schuldenfalle.

«Eine gerechte Studienfinanzierung ist keine Privatsache, sondern eine zentrale staatliche Aufgabe. Kreditschulden widersprechen einer chancengerechten Bildungspolitik», sagte Kai Gehring. Der Bundestagsabgeordnete der Grünen forderte ebenfalls eine BAföG-Reform.