19. April 2024

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Verbraucherzentralen wollen Anschluss für 9-Euro-Tickets

In wenigen Tage ist die spektakuläre Sommeraktion mit Billigtickets für Busse und Bahnen in ganz Deutschland vorbei. Inzwischen ist klar: Nahtlos weiter geht es nicht. Doch was kommt überhaupt danach?

Die Verbraucherzentralen warnen vor Preisanhebungen bei Bussen und Bahnen und dringen auf ein Folgeangebot für die 9-Euro-Tickets im Nahverkehr. Die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, sagte der dpa: «Es ist wichtig, dass beides beibehalten wird: Ein kostengünstiges und einfaches Modell und dass man bundesweit damit fahren kann.»

Im Nahverkehr sei das noch bis Monatsende laufende Sonderticket «so etwas wie eine Revolution» gewesen. «Es wäre sehr schade, die Menschen hier zu enttäuschen, die das wirklich sehr ausführlich genutzt haben in den letzten Monaten.»

Pop sagte: «Die Gefahr steht im Raum, dass nach einem Sommer, in dem man mit dem kostengünstigen, einfachen 9-Euro-Ticket den öffentlichen Nahverkehr nutzen konnte, ein Rückschlag im Herbst kommt: mit drastischen Preiserhöhungen aufgrund gestiegener Energiepreise.» Das wäre das genaue Gegenteil von Entlastung und auch davon, mehr Menschen für den Nahverkehr zu gewinnen. Pop betonte: «Die Erwartung ist, dass alle Verkehrsunternehmen in dieser schwierigen Lage nicht die Menschen weiter belasten. Das braucht aber eben natürlich auch ein politisches Backing, um Mehrkosten auszugleichen.»

Lindner von Nachfolgelösung nicht überzeugt

Die im Juni gestarteten 9-Euro-Tickets, die für jeweils einen Monat bundesweit Fahrten im Nahverkehr ermöglichen, gelten noch bis Ende August. Eine Debatte über Anschlussangebote ist schon entbrannt, um Fahrgäste weiter von gestiegenen Energiekosten zu entlasten und Anreize fürs Umsteigen vom Auto zu erhalten. So gibt es Vorschläge für ein 365-Euro-Jahresticket und Monatstickets für 29, 49 oder 69 Euro. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte deutlich gemacht, dass für eine Nachfolgelösung keine Mittel bereitstünden. Er sei von einer «Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen» auch im öffentlichen Nahverkehr nicht überzeugt.

Pop sagte, man habe gesehen, dass gerade Menschen mit niedrigem Einkommen sich mit dem 9-Euro-Ticket einmal etwas wie einen Ausflug oder einen Kurzurlaub leisten konnten. «Das ist aus unserer Sicht Teilhabe und nicht Gratismentalität.» Die Verbraucherzentralen schlagen ein 29-Euro-Ticket vor, das den «Charme» der bundesweiten Gültigkeit beibehalten soll. «Das fanden viele ja gut daran: Dass man überall damit hinreisen kann und sich nicht im Tarifdickicht der unterschiedlichen Verkehrsverbünde oder Regionen bewegen muss.»

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte weitergehende Schritte. «Das 9-Euro-Ticket war gut und schön. Es hat aber nicht dazu geführt, dass die Menschen massenhaft das Auto stehen ließen», sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi der dpa. Sie warb für den Vorschlag eines Mobilitätsgeldes ab dem ersten Kilometer als Ersatz für die Pendlerpauschale. Dies habe den Vorteil, dass es unabhängig vom Einkommen und dem gewählten Verkehrsmittel gewährt würde.

Verbraucherschützerin Pop mahnte bei der bundeseigenen Deutschen Bahn grundsätzlich mehr Verlässlichkeit für Reisende an. «Wir sehen ja gerade Verspätungen und Ausfälle in nie da gewesener Größenordnung.» Die Fahrgäste zahlten derzeit den Preis, dass die Bahn offensichtlich ihre Infrastruktur-Aufgaben in den vergangenen Jahren nicht gemacht habe. «Wenn nun offensichtlich Fahrzeiten von Zügen schlicht verlängert werden, damit man nicht als unpünktlich erscheint, ist das Tricksen mit dem Fahrplan und nicht gerade Ausbau der Schiene.»

Pop forderte: «Die Bahn hat ihre Hausaufgaben zu machen. Ob das schnell geht, wage ich zu bezweifeln.» Um einen verlässlicheren Betrieb und weniger Baustellen-Störungen zu erreichen, haben die Bahn und Bundesverkehrsminister Volker Wissing eine «Generalsanierung» der wichtigsten Strecken ab 2024 angekündigt. «Ich erwarte, dass wir in Zukunft wieder die Uhr nach der Bahn stellen können», sagte der FDP-Politiker, der die Netzsanierung zur «Chefsache» erklärte.