19. März 2024

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Bahn steckt Rekordsumme ins Streckennetz

33.000 Kilometer lang ist das Gleisnetz der Deutschen Bahn. Über viele Jahre wurde wenig dafür getan, um es zu erhalten. Inzwischen aber fließen Rekordsummen in die Modernisierung der Strecken.

Die Deutsche Bahn hat in diesem Jahr wieder mit zahlreichen Baustellen zu kämpfen – und das nicht nur im übertragenen Sinne. 

Im ganzen Land müssen Gleise erneuert, Weichen ausgetauscht und Brücken saniert werden. 12,7 Milliarden Euro will der bundeseigene Konzern dafür 2021 ausgeben, so viel wie noch nie. «Wir bauen ein neues Netz für Deutschland und legen den Grundstein für den Deutschlandtakt», teilte Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla mit.

Zu den Projekten in diesem Jahr gehört die Sanierung der Schnellfahrtstrecke Würzburg-Hannover auf dem Abschnitt Kassel-Göttingen. Zwischen April und Juli sollen dort Gleise und Weichen komplett erneuert werden. Zudem stehen Erneuerungsarbeiten auf der Strecke Hamburg-Berlin sowie Frankfurt/Main-Mannheim an.

Auch lokalere Projekte stehen auf dem Plan, darunter die zweite Baustufe der Strecke Berlin Nordkreuz–Karow für mehr Kapazität im Netz. Außerdem soll die Elektrifizierung der «Südbahn» zwischen Ulm und Friedrichshafen Ende 2021 abgeschlossen sein.

«Gleichzeitig arbeitet die DB in den großen Knoten Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main und Stuttgart», hieß es weiter. «Bei den Strecken Hannover–Bielefeld und Mannheim–Karlsruhe ist die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung gestartet.»

Die Bahn will auch bei der Digitalisierung vorankommen. So werden in diesem Jahr die S-Bahn-Linie 21 in Hamburg sowie erste Abschnitte des europäischen Güterverkehrskorridors Rhein–Alpen mit dem europäischen Leitsystem ETCS ausgestattet. Die Zahl der digitalen Stellwerke soll deutlich erhöht werden.

Die vielen Milliarden Euro für diese und weitere Projekte stammen vor allem aus bereits vereinbarten Investitionsmitteln des Bundes, der Länder und der Bahn. Rund 2,4 Milliarden Euro der Gesamtsumme steuert der Konzern eigenen Angaben zufolge aus Eigenmitteln bei, die für die Instandhaltung eingesetzt werden.

Die Baustellen sollen den Verkehr auf den Strecken dabei möglichst kurz stören. Mit einer schnelleren, digitalen Planung und früher Bürgerbeteiligung sollen die Bauzeiten um bis zu ein Viertel reduziert werden. Schon jetzt führt die Bahn ihre verbesserte Pünktlichkeit zur Hälfte auf besseres Baustellenmanagement zurück.

Die Bahn verkündet die Investitionen in einer Zeit voller Schwierigkeiten: Die Fahrgastzahlen sind in der Corona-Krise eingebrochen. Hohe Einbußen und wachsende Verbindlichkeiten sind die Folge. Vor der Krise schien die Zahl der Kunden nach oben hin aber keine Grenze zu kennen. Auch angesichts der Klimakrise versprach der Bund, diese Entwicklung voranzutreiben und den im Vergleich zu Auto und Flugzeug klimafreundlicheren Bahnverkehr auszubauen. Bis 2030 wollen Politik und Konzern die Zahl der Fahrgäste verdoppeln.

Die Zweifel sind indes groß, dass die Modernisierung des jahrelang vernachlässigten Schienennetzes ausreicht, um eine solche Nachfrage zu bewältigen. «Die Richtung stimmt», teilte der Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Freitag mit. «Aber Deutschland braucht nicht nur ein neues, modernisiertes Netz, sondern auch ein wachsendes Schienennetz. Da reicht das Engagement des Bundes bislang noch nicht aus.»

Der Hauptgeschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), Peter Westenberger, teilte mit: «Kritisch sehen wir daher, dass leider auch 2021 seitens der DB praktisch keine zusätzlichen Strecken fertiggestellt werden, die wir für das Wachstumsprogramm des Bundes und der Branche eigentlich bräuchten.»

Für den Neubau von Strecken stellt der Bund bislang jährlich 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Insgesamt sollen für den Neu- und Ausbau laut Bahn in diesem Jahr 2,7 Milliarden Euro ausgegeben werden. Der Konzern betont zudem, dass auch durch die Digitalisierung des bestehenden Netzes neue Kapazitäten entstehen. Ob das ausreicht, wird sich wohl erst nach der Corona-Krise zeigen.

Von Matthias Arnold, dpa