Es geht um den Vorwurf der Schlamperei und um viel Geld: Der Bundesgerichtshof (BGH) klärt in einem Pilotverfahren, ob Mieterinnen und Mietern für Behörden-Pannen beim Start der Mietpreisbremse Schadenersatz zusteht.
Das Urteil soll am 28. Januar verkündet werden, wie die Karlsruher Richter nach der Verhandlung am Donnerstag bekanntgaben. Dabei geht es um fehlerhafte Verordnungen in etlichen Ländern. Betroffene Mieter müssen deshalb dauerhaft mit einer überhöhten Miete leben. (Az. III ZR 25/20)
Die Landesregierungen können seit Juni 2015 «Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten» ausweisen. Dort gilt im Grundsatz, dass Vermieter beim Einzug neuer Mieter höchstens zehn Prozent auf die örtliche Vergleichsmiete aufschlagen dürfen. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel für neu gebaute oder modernisierte Wohnungen.
Die Mietpreisbremsen-Verordnungen müssen eine Begründung beinhalten, das sieht das Gesetz ausdrücklich vor. In etlichen Bundesländern nahm man es damit allerdings nicht so genau. Inzwischen haben deshalb Gerichte in Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg und Niedersachsen die ursprünglichen Verordnungen für unwirksam erklärt. Sie mussten neu erlassen werden. Nur: Das hilft denjenigen nicht mehr, die in der Zwischenzeit einen Mietvertrag unterschrieben haben.
In dem Pilotverfahren klagt der Rechtsdienstleister Conny GmbH (früher Wenigermiete.de) für zwei Mieter aus Frankfurt gegen das Land Hessen. Er hofft auf ein Grundsatz-Urteil, das Millionen Mietern zu Rückzahlungen verhelfen soll. Bisher hatte die Klage keinen Erfolg.
Das Problem: Nach der langjährigen Rechtsprechung des BGH gibt es keine Amtshaftungsansprüche wegen allgemeiner Nachteile durch die Gesetzgebung. Und hier sei «ein unüberschaubarer Personenkreis von Mietern und Vermietern» betroffen, wie der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann sagte. Er stellte aber die Frage in den Raum, ob sich aus Grundrechten von Mietern womöglich eine Haftung ableiten lässt.
Der BGH-Anwalt der Conny GmbH sagte, die Frankfurter Mieter hätten auf die Mietpreisbremse vertraut. Der Fehler sei nicht so krass gewesen, dass ihn rechtliche Laien hätten erkennen können. Die Menschen müssten sich auf erlassene Verordnungen verlassen können.
Die Vertreterin Hessens hielt dagegen, es könne immer passieren, dass eine Verordnung von einem Gericht kassiert werde. Das Land sei ermächtigt, aber nicht verpflichtet gewesen, die Mietpreisbremse durch Erlass einer eigenen Verordnung umzusetzen.
Der Deutsche Mieterbund hält es für angebracht, den Staat für die Versäumnisse zur Kasse zu bitten. «Wenn Mieter im Vertrauen auf die Gültigkeit einer Rechtsverordnung ein Recht durchsetzen wollen und sich diese Verordnung nachher wegen behördlicher Fehler als ungültig erweist, müssen Mieter einen Anspruch auf Entschädigung bekommen», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
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