13. Oktober 2024

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EU bringt Corona-Aufbaufonds an den Start

Vor einem halben Jahr einigten sich die EU-Staaten auf ein beispielloses Programm gegen die beispiellose Rezession. Jetzt ist der Aufbaufonds so gut wie startklar. Doch eine Hürde bleibt.

Mit vereinten Kräften und Hunderten Milliarden Euro gegen die Corona-Wirtschaftskrise: Der große Plan der EU-Staats- und Regierungschefs vom Sommer 2020 wird nun endlich konkret.

An diesem Mittwoch will das Europaparlament den Corona-Aufbaufonds unter Dach und Fach bringen. Damit ist der Grundstein für die Auszahlung der Milliarden gelegt, auch an Deutschland. Doch wird das erste Geld wohl erst im Sommer fließen.

RRF, was ist das?

Insgesamt will die Europäische Union gemeinsam 750 Milliarden Euro in den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Pandemie stecken. Das Programm heißt Next Generation EU. Herzstück ist der Aufbaufonds – im EU-Jargon Aufbau- und Resilienzfaszilität, auf Englisch Recovery and Resilience Facility oder RRF. Über diesen Finanztopf sollen 672,5 Milliarden Euro direkt an die Mitgliedsstaaten verteilt werden, davon 312,5 Milliarden als Zuschüsse und bis zu 360 Milliarden Euro als Darlehen. Der Rest der 750 Milliarden wird über Programme im EU-Haushalt ausgereicht. Die Summen sind übrigens alle in Preisen von 2018 angegeben.

Warum ist das politisch bedeutsam?

Erstmals wird die EU-Kommission derart große Summen als gemeinsame Schulden aufnehmen. Und erstmals wird schuldenfinanziertes Geld als Zuschuss an EU-Staaten vergeben. Die Darlehen zahlen alle 27 Staaten gemeinsam über Jahrzehnte zurück. Den von der Pandemie besonders hart getroffenen Ländern stehen die größten Summen in Aussicht: Italien kann nach Schätzungen 65,5 Milliarden Euro allein an Zuschüssen bekommen, Spanien rund 59 Milliarden Euro. Darlehen in Höhe von bis zu 6,8 Prozent der Wirtschaftsleistung von 2019 können hinzukommen. Deutschland kann nach jetzigem Stand 22,7 Milliarden Euro Zuschüsse erwarten. Es wird also kräftig umverteilt. Ziel ist, die wirtschaftliche Kluft in der EU zu verkleinern und den Binnenmarkt zu stärken, von dem gerade Deutschland profitiert.

Wofür soll das Geld ausgegeben werden?

Die Milliarden sollen Wachstum und Jobs anstoßen, aber gleichzeitig die europäische Wirtschaft moderner und umweltfreundlicher machen. Deshalb sollen mindestens 37 Prozent der Mittel aus dem RRF für Klimaschutz ausgegeben werden und 20 Prozent für Digitalisierung. Weitere Schwerpunkte sind der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt und die Stärkung öffentlicher Einrichtungen. Details sind ist im RRF-Rechtsrahmen festgelegt, der nach der für Mittwoch erwarteten Zustimmung des EU-Parlaments in Kraft treten kann.

Wie kommen die EU-Staaten an die Milliarden?

Die 27 Regierungen müssen bei der EU-Kommission detaillierte RRF-Pläne einreichen. Diese müssen die Finanzierungsziele für Grünes und Digitales belegen. Zudem sollen die Milliarden aus Brüssel dazu beitragen, die wirtschaftspolitischen Empfehlungen zum engeren Zusammenwachsen der EU umzusetzen. Nach Angaben der EU-Kommission haben 18 Staaten Entwürfe vorgelegt, sechs weitere haben zumindest Ansätze. Von drei Staaten liege noch nichts vor, sagten EU-Beamte am Montag. Italien ist im Streit über die Verwendung der Geldspritze in eine Regierungskrise gestürzt.

Was will Deutschland mit seinem Anteil machen?

Die Bundesregierung will je 40 Prozent des Geldes in Klimaschutz und Digitalisierung stecken und liegt damit über den europäischen Vorgaben. Aufgelistet werden etwa Projekte für erneuerbaren Wasserstoff, klimafreundliche Mobilität, klimafreundliches Bauen und die Erforschung von Impfstoffen gegen das Coronavirus. Das Geld soll aber auch in digitale Bildung, ein technisch besser ausgestattetes Gesundheitssystem und eine digital besser aufgestellte Verwaltung fließen – Punkte, bei denen die Corona-Krise deutliche Defizite offenbarte. Auch der deutsche Entwurf muss noch auf EU-Ebene diskutiert werden. Kritisiert wird schon jetzt, dass der Bund das Geld vor allem in Projekte stecken will, die ohnehin geplant waren.

Was sind die nächsten Schritte?

Sobald der Rechtsrahmen in den nächsten Tagen in Kraft getreten ist, können die EU-Staaten offiziell ihre Anträge stellen. Die Frist läuft bis mindestens 30. April. Die EU-Kommission prüft die Vorlagen, dann muss der Rat der EU-Staaten sie billigen. Das Geld soll in Tranchen fließen, sofern Zusagen eingehalten werden. Eine wichtige Hürde ist aber vorher noch zu nehmen: Alle 27 EU-Staaten müssen den sogenannten Eigenmittelbeschluss ratifizieren. Das ist die rechtliche Grundlage dafür, dass die EU-Kommission Schulden für den Aufbauplan aufnehmen kann. Die ersten Hilfen könnten im Sommer ausgezahlt werden.

Von Verena Schmitt-Roschmann und Theresa Münch, dpa