29. April 2024

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Habeck ruft nach Gas-Drosselung zum Energiesparen auf

Innerhalb von nur zwei Tagen kürzt der russische Staatskonzern die Gastransporte nach Deutschland um rund 60 Prozent. Bundeswirtschaftsminister ruft nun erneut zum Energiesparen auf.

Nach der Drosselung von Gasliefermengen durch den russischen Gazprom-Konzern hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erneut zum Energiesparen aufgerufen.

In einem am Mittwochabend über Twitter verbreiteten Video dankte der Grünen-Politiker der Bevölkerung und den Unternehmen für ihre bisherigen Bemühungen. Habeck appellierte mit Blick auf das Energiesparen zugleich: «Es ist jetzt der Zeitpunkt, das zu tun. Jede Kilowattstunde hilft in dieser Situation.»

Die Situation sei ernst, sie gefährde die Versorgungssicherheit in Deutschland aber nicht. Habeck mahnte: «Wir müssen wachsam sein. Wir müssen konzentriert weiterarbeiten. Vor allem dürfen wir uns nicht spalten lassen. Denn das ist das, was Putin vorhat.»

Der russische Energiekonzern Gazprom hat wie angekündigt in der Nacht seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream weiter reduziert. Wie aus im Internet veröffentlichten Transportdaten des Pipelinebetreibers Nord Stream hervorgeht, sank die Gasmenge von Mittwochabend, 23.00 Uhr an.

Am Morgen, zum Beginn des sogenannten Gastages um 6 Uhr, lag die stündliche Liefermenge bei rund 2,6 Millionen Kubikmeter (29 Millionen Kilowattstunden), von 8 bis 9 Uhr flossen den Angaben nach rund 2,7 Millionen Kubikmeter (30 Millionen Kilowattstunden). Hochgerechnet auf 24 Stunden entspricht dies in etwa den von Gazprom angekündigten 40 Prozent der technischen Kapazität.

Erneut begründete der Staatskonzern den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten. Die Bundesnetzagentur zeigte sich besorgt und nannte das Vorgehen Moskaus «technisch nicht zu begründen». Habeck vermutet dahinter hingegen eine politische Entscheidung.

Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte daraufhin mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne. Die neuerliche Reduktion auf 67 Millionen Kubikmeter bedeutet eine Drosselung um rund 60 Prozent innerhalb von zwei Tagen.

Bundesnetzagentur spricht von «Warnsignal»

Dass Gazprom seine Lieferungen durch Nord Stream 1 nun auf etwa 40 Prozent senkt, ist aus Sicht des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ein Warnsignal. «Russland schürt damit leider Verunsicherung und treibt die Gaspreise hoch», sagte er der «Rheinischen Post».

Wenn Gazprom über Wochen nur 40 Prozent durch Nord Stream 1 liefere, bekomme Deutschland ein Problem, sagte Müller: «Das würde unsere Situation erheblich verschlechtern. Über den Sommer könnten wir das vielleicht aushalten, denn die Heizsaison ist ja vorbei. Allerdings müssen wir jetzt zwingend die Speicher füllen, um den Winter zu überstehen – auch mit russischem Gas.» Auf die Frage, ob er fürchte, dass Russland mit einem Gas-Lieferstopp ernst mache, sagte Müller: «Es lag bislang in der russischen Logik, Deutschland weiter Gas verkaufen zu wollen. Aber wir können nichts ausschließen.»

Brand auf russischem Gasfeld – Unternehmen gibt Entwarnung

Auf einem Gasfeld im Westen Sibiriens brach derweil in der Nacht zum Donnerstag ein Feuer aus – das hat Angaben des Betreibers zufolge aber keine Auswirkungen auf die Gasförderung. Auf dem riesigen Gasfeld Urengoi habe es zwischenzeitlich zwischen zwei Gasaufbereitungseinheiten gebrannt, teilte Gazprom Dobytscha Urengoi – ein Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom – laut Agentur Interfax mit. Die Ursache werde ermittelt.

Mittlerweile sei das Feuer wieder gelöscht, verletzt worden sei niemand. «Der Vorfall hat die Erfüllung der Gasförderziele nicht beeinträchtigt», hieß es. In sozialen Netzwerken teilten Menschen ein Video, auf dem ein großer Feuerball zu sehen ist.

Netzagentur schlägt Absenkung der Mindesttemperatur vor

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, will den Druck auf private Haushalte und Firmen erhöhen, Gas zu sparen. «Im Mietrecht gibt es Vorgaben, wonach der Vermieter die Heizungsanlage während der Heizperiode so einstellen muss, dass eine Mindesttemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht wird. Der Staat könnte die Heiz-Vorgaben für Vermieter zeitweise senken. Darüber diskutieren wir mit der Politik», sagte Müller der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Donnerstag). Es sei wichtig, so viel Gas zu sparen wie möglich, um über den nächsten Winter zu kommen.

Habeck: Russland will Unruhe stiften

Auch nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will Russland mit den Lieferkürzungen Unruhe stiften. «Die Begründung der russischen Seite ist schlicht vorgeschoben. Es ist offenkundig die Strategie, zu verunsichern und die Preise hochzutreiben», hatte der Grünen-Politiker gesagt. Aktuell könnten die Mengen am Markt beschafft werden, wenn auch zu hohen Preisen. Es werde aktuell noch eingespeichert: «Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet.» Die Gasspeicher in Deutschland waren zuletzt zu rund 56 Prozent gefüllt.

Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Zuvor war schon die Leitung Jamal-Europa, die durch Polen führt, nicht mehr befüllt worden. Reduziert ist auch die Durchleitung von russischem Gas durch die Ukraine. Unter anderem durch die bisherigen Einschränkungen hatten sich die Energiepreise erhöht, weil insgesamt weniger Gas von Russland nach Europa fließt.