2. Dezember 2024

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Kabinett beschließt Mehrweg-Pflicht für Gastronomie

Weniger Verpackungsmüll und mehr Pfand: Das sind die Ziele der Gesetzesänderung, die das Bundeskabinett an diesem Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Umweltministerin Schulze spricht von einem «Meilenstein». Doch nicht alle teilen die Begeisterung.
Gesetzesänderung soll kommen:

Restaurants, Bistros und Cafés sollen ab 2023 dazu verpflichtet werden, allen Kunden auch Mehrwegbehälter anzubieten. Das sieht die Änderung des Verpackungsgesetzes vor, die das Bundeskabinett an diesem Mittwoch auf den Weg gebracht hat.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nannte die Neuerungen einen «weiteren Meilenstein». Neben der Pflicht für Händler, Mehrwegoptionen anzubieten, sieht die Novelle eine Erweiterung der Pfandpflicht auf alle Getränkeflaschen und erstmals einen vorgeschriebenen Mindestrecyclingplastik-Anteil von 25 Prozent bis 2025 vor. Umweltschutzverbänden gehen die Pläne nicht weit genug. In der Kritik steht vor allem die Ausnahme von der Mehrwegpflicht, von der kleinere Unternehmen Gebrauch machen können.

«Händler, die Kaffee zum Mitnehmen verkaufen, sollen ihren Kunden sowohl einen Einweg- als auch einen Mehrwegbecher anbieten müssen», sagte Schulze. Das Gleiche gelte für das Essen zum Mitnehmen im Restaurant und für Lieferdienste. Die Regel soll ab 2023 greifen, enthält aber die besagte Ausnahme für Betriebe, die kleiner als 80 Quadratmeter sind und nicht mehr als fünf Beschäftigte haben. Wie viele Betriebe unter die Ausnahmeregel fallen, könne das Ministerium derzeit nicht beziffern, heißt es auf dpa-Anfrage.

Schon früher, zum 1. Januar 2022, soll die erweiterte Pfandpflicht in Kraft treten. Bislang gibt es immer noch Getränke, etwa Fruchtsäfte ohne Kohlensäure, auf deren Verpackung kein Pfand erhoben wird. Damit soll Schluss sein, die Pfandpflicht gilt demnach dann auch für Getränkedosen. Eine Ausnahme gibt es aber auch hier, und zwar für Milch und Milcherzeugnisse. Für diese Produkte greift die Pfandpflicht erst ab dem Jahr 2024.

Die Mindestrezyklatquote, die eingeführt wird, soll ab 2030 von 25 Prozent auf mindestens 30 Prozent steigen. Ziel ist es, dass Flaschen künftig einen hohen Anteil an altem Plastik enthalten und so die Müllmenge abnimmt.

Die geplanten Maßnahmen, die der Bundestag noch verabschieden muss, stießen unter Verbänden auf ein geteiltes Echo. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Verband der Kunststofferzeuger PlasticsEurope Deutschland (PED) etwa befürworten die Neuerungen. Deutliche Kritik kam dagegen von Umweltverbänden, den Verbraucherzentralen und der Deutschen Umwelthilfe. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland beklagen vor allem die Ausnahmen für kleinere Betriebe.

«Nach dem aktuellen Entwurf der Novelle würde es vielen Unternehmen weiterhin freigestellt sein, ob sie Mehrwegalternativen überhaupt anbieten», kritisierte der BUND.

Der Vorstand des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, Klaus Müller, befürchtet, dass mit der Ausnahme das Ziel verfehlt werde, weniger Einwegmüll zu produzieren. Anbieter könnten außerdem auf andere Materialien wie Verpackungen aus Pappe oder Aluminium ausweichen, «die nicht umweltfreundlicher» seien, sagte Müller.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband befürchtet dagegen Mehrbelastungen durch strengere Vorgaben. Schulzes Vorstoß komme «zur Unzeit», sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der Deutschen Presse-Agentur. «Wir befinden uns in einer Situation, in der unsere Branche ums Überleben kämpft», ergänzte Hartges mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht die Neuerungen insgesamt positiv, fordert aber, den Unternehmen genug Zeit einzuräumen, um Mehrwegsysteme zu schaffen. Darüber hinaus lehnt der Verband in einer Stellungnahme die Ausweitung der Pfandpflicht auf Milch und Milcherzeugnisse ab 2024 ab. Diese Produkte müssten dauerhaft ohne Pfand bleiben, weil sonst «Fäulnis- und Gärungsprozesse» bei der Rücknahme auftreten könnten und dies unhygienisch wäre, schreibt der Verband. Genau gegen solche Ausnahmen wehren sich aber Umweltschützer wie der WWF Deutschland. Sie befürchten einen Flickenteppich und weiterhin zu viel Müll.

Umweltministerin Schulze geht trotz aller Bedenken davon aus, dass die Änderungen gemeinsam mit anderen bereits beschlossenen Maßnahmen Wirkung entfalten werden. Als Beispiele nannte sie unter anderen das Plastiktütenverbot ab Januar 2022 und das Verkaufsverbot für Plastik-Wegwerfartikel wie Besteck, Wattestäbchen oder Teller ab Juli 2021.

Nach Zahlen des Umweltbundesamtes lag das Verpackungsmüllaufkommen in Deutschland im Jahr 2018 bei 18,9 Millionen Tonnen. Pro Kopf seien das etwa 238 Kilogramm Verpackungsabfälle, sagte Schulze. «Das sind rund zwei Badewannen voll.»

Die Zahl sei seit 2010 kontinuierlich gestiegen. Durch die Corona-Krise stehe zu befürchten, dass diese Menge nun vorübergehend weiter steigen werde, sagte Schulze. Deshalb sei es wichtig, jetzt gegenzusteuern.

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