27. April 2024

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Stromausfall bei Tesla – Debatte um Schutz der Infrastruktur

Der Angriff auf die Stromversorgung mit gewaltigen Folgen für den Autobauer Tesla in Grünheide hat die Politik aufgeschreckt. Wie kann der Staat die Energieversorgung als kritische Infrastruktur schützen?

Der mutmaßliche Anschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Autofabrik in Grünheide bei Berlin hat eine Debatte über einen besseren Schutz empfindlicher Infrastruktur in Deutschland ausgelöst. «Politik und Wirtschaft sind gemeinsam gefordert, die Sicherheit der Netze und kritischer Anlagen zu gewährleisten», sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben. Die Bundesregierung müsse gesetzliche Regelungen dazu endlich voranbringen.

Tesla-Werkleiter André Thierig sagte: «Wir hoffen, dass sich die Sicherheitsbehörden des Landes Brandenburg und auch Deutschlands darüber Gedanken machen, wie man das hier absichern kann.» Die Landesregierung kündigte auch an, den Schutz verstärken zu wollen, betonte aber auch, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben könne.

Schaden «im hohen neunstelligen Bereich»

Nach einem mutmaßlichen Brandanschlag rechnet der US-Autobauer noch mit einem tagelangen Produktionsausfall in seinem Werk in Grünheide, dem einzigen Produktionsstandort in Europa. Die Folgen des Stromausfalls sind Tesla zufolge gewaltig: «Wir rechnen aktuell nicht damit, dass wir im Laufe dieser Woche die Produktion wieder hochfahren können», sagte Werksleiter Thierig. «Fast alle der rund 12.000 Beschäftigten mussten wegen des Produktionsstillstandes nach Hause geschickt werden.» Thierig sprach von einem Schaden «im hohen neunstelligen Bereich».

In Grünheide werden seit knapp zwei Jahren Elektroautos gebaut. Das Unternehmen will seine Produktion in Grünheide von geplanten 500.000 Autos im Jahr auf eine Million hochfahren. Der Werksleiter sagte: «Ob das jetzt einen Einfluss hat auf den weiteren Ausbau der Fabrik, kann ich an der Stelle nicht sagen.»

Woidke: «Form von Terrorismus»

Die Polizei ermittelt weiter, ob eine linksextremistisch eingestufte Gruppierung dafür verantwortlich ist. Unbekannte Täter zündeten einen Strommast auf einem Feld an. Es kam zum Blackout bei Tesla, die Fabrik wurde evakuiert. Aber auch zehntausende Bewohner in der Region waren betroffen.

In der Politik ist von Terrorismus die Rede. «Anschläge auf unsere kritische Infrastruktur sind eine Form von Terrorismus», sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Die als linksextremistisch eingestufte «Vulkangruppe» teilte in einem Schreiben mit, dass sie für den Anschlag auf die Stromversorgung verantwortlich sei: «Wir haben heute Tesla sabotiert.»

CDU-Landeschef Jan Redmann sagte bei der Plattform X (früher Twitter), das Bekennerschreiben zu Tesla sei eindeutig. «Eine linke Terrorgruppe greift mit Gewalt unsere Art zu leben und zu wirtschaften an.» Er erwarte, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernehme.

Verstärkte Kontrollen von kritischer Infrastruktur angekündigt

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will mit verstärkten Kontrollen und Polizeistreifen verhindern, dass empfindliche Infrastruktur erneut angegriffen werden kann. Auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte zu, dass das Land für eine höhere Absicherung sorgen wolle und sich die kritische Infrastruktur genau anschaue. «Es muss aber auch jedem an dieser Stelle klar sein – vor einem terroristischen Anschlag bist du am Ende nicht gefeit», so Steinbach.

«Würden wir jetzt alle Hochspannungsmasten ganz intensiv überwachen, würde vielleicht unsere Wasserver- oder -entsorgung in den Blick geraten», sagte Brandenburgs CDU-Chef Redmann im RBB-Inforadio. Natürlich sei es nun aber wichtig, besonders empfindliche Bereiche auszumachen und zu schützen – zum Beispiel die Stellen, an denen Luftkabel in die Erde gingen. «Da gibt es verschiedene Konzepte, ob man das mit Zäunen macht, mit Videoüberwachung – auch Drohnen sind da im Gespräch.»

DIHK fordert Handeln des Bundes

DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben sagte, mit Blick auf die kritischen Infrastrukturen gehe das sogenannte Kritis-Dachgesetz in die richtige Richtung. Es habe das Ziel, das Schutzniveau von Betreibern kritischer Anlagen zu verbessern und deren eigene Sicherheitsbemühungen zu unterstützen. «Die Maßnahmen sollten daher im Zusammenhang mit den Regelungen zum Cyberschutz von kritischen Infrastrukturen betrachtet werden.» Die Bundesregierung verschleppe aber die Verabschiedung des zugehörigen Gesetzes seit Monaten.

Die öffentliche Hand sollte den Unternehmen passgenaue Informationen zur aktuellen Sicherheitslage – Cyber- und analoge Bedrohungen – mit konkreten Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen. Im Schadensfall bräuchten die Unternehmen Unterstützung. «Dafür sind klare staatlichen Zuständigkeiten sowie eine entsprechende personelle Ausstattung und Vernetzung der Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern erforderlich», betonte Wansleben.